Ein Minenwarnschild auf einem nebligen Hügel.

In Kroatien liegen noch immer Tausende Minen aus dem Balkankrieg. Beim Versuch von Bosnien über Kroatien in die EU zu gelangen starb nun ein Geflüchteter, weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Die Polizei brauchte mehrere Stunden, um das Minenfeld so weit zu räumen, dass sie die Menschen bergen konnte.

Einige Zelte in einem Wald.
Zelte von Geflüchteten im bosnisch-kroatischen Grenzwald. © Rebecca Kirsche

Der Weg in die EU ist brutal und gefährlich. Das hat sich an diesem Wochende mal wieder auf besonders erschütternde Art und Weise bestätigt. Beim Versuch, in die EU zu gelangen, starb ein Mensch durch eine Landmine, weitere wurden schwer verletzt. Noch immer liegen Tausende Landminen in Kroatien.

Täglich versuchen Menschen von Bosnien über Kroatien in die EU zu gelangen. In Bosnien, an der Grenze zu Kroatien und damit zur EU, leben sie in alten Fabrikhallen, in notdürftigen Zelten im Wald oder in unterversorgten Camps. Auf ihrem gefährlichen Weg in die EU queren sie nicht selten Minenfelder, die ein Erbe des Balkankrieges sind. Minenfelder, die es eigentlich nicht mehr geben dürfte. Mit mehr Anstrengung der Behörden und langfristigerer und intensiverer Unterstützung durch Geberstaaten, die sich im Minenverbotsvertrag zur Unterstützung von Räumungsaktivitäten in verseuchten Ländern verpflichtet haben, könnten diese Minen längst geräumt sein. Die Gemeinschaft der Vertragsstaaten hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2025 eine Welt ohne Minen zu schaffen. In Bosnien und Kroatien könnte dafür ein großer und wichtiger Schritt unternommen werden.

Doch noch sind die Minen in Bosnien und die Minen in Kroatien eine reale Bedrohung. Für Einheimische genauso wie für Geflüchtete. Wie so oft hat auch an diesem Wochenende eine Gruppe junger Männer ihr Glück versucht. Sie schafften es durch die bosnisch-kroatischen Grenzwälder und stießen bis Kroatien vor. Doch hier fand ihre Reise ein jähes Ende. Einer von ihnen löste eine Mine aus, er starb sofort. Weitere Männer wurden durch die explodierenden Splitter verletzt. Da um sie herum noch viele weitere Minen lagen, musste die Polizei erst einen Korridor durch das Minenfeld räumen, um zu allen vorzudringen und die Verletzten in ein Krankenhaus zu transportieren.

"Landminen sind eine bekannte Gefahr auf dem Balkan. Schon in der bosnischen und kroatischen Bevölkerung kommt es immer wieder zu tragischen Unfällen. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis auch Geflüchtete auf ihrem Weg in die EU von einer Landmine getötet würden. Sie müssen abseits gehen und sie müssen die gefährlichsten Routen nehmen. Wir sind erschüttert, dass ein weiterer Mensch durch diese menschenverachtenden Waffen gestorben ist", so eine Aktivistin von AK49.

Das politische Kollektiv hat Ende 2020 eine großangelegte Spendenaktion für Geflüchtete an der bosnisch-kroatischen Grenze gestartet, hat selbst vor Ort Hilfe geleistet und bemüht sich derzeit, eine langfristige Hilfe vor Ort mitaufzubauen.

Dieser Vorfall zeigt zum wiederholten Male, welche unmenschliche Bürde die EU all den Menschen auferlegt, die hier ihr Glück versuchen wollen, aber schlichtweg nicht erwünscht sind. Ihr Leid wird hingenommen, es dient der Abschreckung. Doch so verlagert die EU ihr "Problem" einfach. Seit Jahren sitzen in Bosnien Tausende Menschen fest, die in die EU möchten, aber nicht dürfen, die aber auch in Bosnien nicht erwünscht sind und deshalb keine legale Hilfe erhalten dürfen. Wer ihnen helfen will, muss das im Verborgenen tun, muss stets mit dem Widerstand der Behörden und der Bevölkerung rechnen.

Solange sich diese Zustände nicht ändern, wird sich auch an der immensen Gefahr für die Geflüchteten auf dem Weg in die EU nichts ändern. Nach dem Minenunfall ist vor dem Minenunfall.