Ein Minenwarnschild mit Totenkopf auf einem nebligen Hügel.

Die finnische Regierung hat am 1. April 2025 offiziell ihren Plan verkündet, aus der Ottawa-Konvention austreten zu wollen - einem der wichtigsten humanitären Verträge, mit dem 165 Staaten Antipersonen-Minen verboten haben und der unzählige Leben gerettet hat.

Diese Entscheidung ist Teil einer besorgniserregenden Entwicklung. Bereits von ein paar Wochen hatten die Verteidigungsminister von Polen und den baltischen Staaten ihren Regierungen einen ähnlichen Schritt empfohlen.

Der Wunsch nach Selbstverteidigung ist nachvollziehbar. Aber Antipersonen-Minen werden nicht der entscheidende Faktor in der Verteidigung sein - sogar hochrangige finnische Militärs hatten sich deshalb gegen den Austritt aus dem Verbot ausgesprochen. Sicher ist hingegen, dass die Waffen in allen Einsatzländern unvorstellbares Leid bei der Bevölkerung erzeugen.

 

Fakten zum geplanten Austritt

Die Regierung Finnlands hat auf einer Presseerklärung am 1.4 verkündet, dass sie aus dem Verbot von Antipersonen-Minen austreten will. Laut Außenministerin Elina Valtonen soll dem Parlament noch vor der Sommerpause ein entsprechender Gesetzentwurf zur Beratung vorgelegt werden. 

Bei Annahme durch das Parlament würde die Kündigung sechs Monate nach Erhalt des Kündigungsschreibens durch den UN-Generalsekretär wirksam werden. Laut Zeitungsberichten gibt es im finnischen Parlament eine knappe Mehrheit, die den Entwurf unterstützen würde.

Der geplante Austritt ist Teil eines breiteren Verteidigungspakets, bei dem Finnland seine Militärausgaben auf drei Prozent des BIP anheben will. 

Interessanterweise haben hochrangige finnische Militärs erklärt, für die Verteidigung des Landes keine Antipersonen-Minen zu benötigen.

Die verheerenden Auswirkungen von Antipersonen-Minen

Antipersonen-Minen sind blinde Waffen, die unterschiedslos töten und verstümmeln – sowohl während als auch lange nach dem Ende von Konflikten. Laut dem Landminenmonitorstammten 2024 85% der Opfer aus der Zivilbevölkerung, 40% davon waren Kinder. Diese heimtückischen Waffen werden oft von ihren Opfern – Bauern, Dorfbewohnern oder spielenden Kindern – selbst ausgelöst und hinterlassen verheerende und dauerhafte Schäden.

Ein aktueller Bericht von HRW zeigt das auf tragische Weise: am 8. Dezember haben die Kämpfe in Syrien nach vielen Jahren vorläufig aufgehört. Immer mehr Menschen kehren in ihre Heimatorte zurück - doch oft finden sie dort nicht Frieden und Ruhe, sondern unzählige Blindgänger und Minen. Die Opferzahlen schnellen in die Höhe. Lesen Sie hier mehr darüber.

Die Ottawa-Konvention: ein großer Erfolg in Gefahr

Vor dem Inkrafttreten der Ottawa-Konvention im Jahr 1999 wurden jährlich bis zu 23.000 Menschen Opfer von Landminen.Durch das Verbot konnte diese Zahl bis 2013 auf 3.300 gesenkt werden. Mehr als 50 Millionen gelagerte Minen wurden vernichtet und große Gebiete entmint. Doch in den letzten Jahren steigt die Zahl der Opfer wieder an – im Jahr 2023 um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Ottawa-Konvention gilt als einer der größten Erfolge der humanitären Abrüstung. Mit 165 Vertragsstaaten hat es weltweit Leben gerettet und wurde zu Recht mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt. 

Finnlands geplanter Austritt sendet die gefährliche Botschaft, dass der Vertrag nur in Friedenszeiten Wert hat – was dem grundlegenden Ziel des humanitären Völkerrechts widerspricht: Es soll die Zivilbevölkerung vor Kriegen und deren Folgen schützen. 

Finnland riskiert mit diesem Schritt außerdem, wichtige Verbündete vor den Kopf zu stoßen und sich mit jenen wenigen Ländern gleichzustellen, die Antipersonen-Minen weiterhin einsetzen und produzieren, nämlich Russland, Myanmar, Nordkorea und Iran.

Das gilt auch für die anderen Länder, die einen Austritt aus dem Minenverbot erwägen: Estland, Polen, Lettland, Litauen.

Unser Appell zur Umkehr

Die Entscheidung Finnlands, zum Einsatz dieser Waffe zurückzukehren, ist kein Zeichen der Stärke, sondern ein Zeichen der Schwäche und Verzweiflung. Sollten tatsächlich wieder Minen auf finnischem Boden eingesetzt werden, wird die Zivilbevölkerung den Preis für diese kurzsichtige Entscheidung zahlen.

Handicap International appelliert an die Bundesregierung, ihre Haltung gegen Minen zu bekräftigen und jeden Einsatz von Antipersonen-Minen von jeder Seite unmissverständlich zu verurteilen. ► Lesen Sie hier unseren Appell.

Deutschland muss sich auf diplomatischem Wege bei den europäischen Partnern und anderen Staaten für den Erhalt des Ottawa-Vertrags einsetzen.

Der internationale Konsens gegen Antipersonen-Minen darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Finnland sollte seinen Kurs umgehend korrigieren und sich erneut zum Ottawa-Abkommen bekennen, um sein Erbe als verantwortungsvoller internationaler Akteur zu wahren, der sich humanitären Werten und dem Schutz der Zivilbevölkerung verschrieben hat.

Finnland und die Ottawa-Konvention - es ist nicht zu spät

Finnland trat der Ottawa-Konvention am 9. Januar 2012 bei und wurde im Juli desselben Jahres offizieller Vertragsstaat. Die Entscheidung zeigte den Willen des Landes, die eignen Praktiken zu überdenken und zur globalen humanitären Sicherheit beizutragen. 

Bereits im Jahr 1981 hatte Finnland aufgehört, Antipersonen-Minen herzustellen. Das Land hat bisher auch nie welche eingesetzt oder exportiert - besaß jedoch erhebliche Lagerbestände. In einer beeindruckenden Anstrengung vernichtete das Land bis August 2015 über eine Million gefährlicher Minen – fast ein Jahr vor der festgelegten Frist. 

Auf internationalen Treffen setzte sich Finnland konsequent für die Unterstützung von Minenopfern und Räumungsaktivitäten ein. 

Es ist nicht zu spät, den fatalen Schritt wieder umzukehren. Das finnische Parlament hat es jetzt in der Hand.

Will es für eine Waffe, die nicht einmal sein eigenes Militär fordert, die internationale Ordnung infrage stellen und die eigene Bevölkerung auf Jahrzehnte gefährden? Oder will es sich wieder auf die Werte besinnen, die vor 15 Jahren zur Unterzeichnung der Ottawa-Konvention geführt haben?

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